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Die keltische Renaissance

Das Druidentum basiert auf alten, metaphysischen Ideen. Da die Kelten ihre Schriften auf vergänglichem niederschrieben und die Druiden ihr Wissen mündlich weitergaben, gibt es nach wissenschaftlichen Aspekten nur wenig Überlieferungen.

Das Druidentum überlebte in der Volkskunde mit Traditionen, in den griechischen und lateinischen Schriften von Philosophen, Geschichtenerzählern und in den Manuskripten von christlichen Klerikern. Viele der archäologischen Funde weisen noch heute darauf hin, dass die Menschen damals über fundiertes Wissen unter anderem in Mathematik und Astronomie verfügten.
In dem Tagebuch eines Arztes, der vor 1767 viele Jahre in Irland lebte, steht: „In Irland gibt es noch heute Barden unter den Einheimischen, selbst unter den allerärmsten Menschen. Unter diesen Menschen ist es nach dem Arbeitstag vollkommen normal, sich mit ihren Leuten bei schlechtem Wetter zu Hause hinter offnen Türen zu treffen und die Geschichter über die Urhelden und deren Taten so zu erzählen, dass deren Schönheit und profunde Gedanken mich nicht selten zum Staunen bringen“.
Diese Niederschrift entspricht einer individuellen Wahrnehmung, doch was kann als ‚wahr‘ angenommen werden?

Es wird vermutlich verborgen bleiben, ob die Druiden vor über Zweitausend Jahren formell miteinander in Gruppen oder in einsamen ländlichen Gegenden feierten. Dennoch sind viele Sitten der damaligen Lebensweise bis zum heutigen Tag erhalten: Wallfahrten zu heiligen Orten wie z.B. Quellen, die Jahreskreisfeste wie das Begrüßen des neugeborenen Lichts (Wintersonnwende/Weihnachten), das Feiern des Wachstums (Ostern), die Sommersonnwende (Sonnwendfeuer), das Ernte-Dank-Fest.

Während der europäischen Kulturepoche in der Zeit des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit, im 15. und 16. Jahrhundert, begannen sich am Druidentum interessierte Menschen wieder öffentlich zu treffen. Ein bedeutender Aspekt unterstützte die Verbreitung des Druiden-Gedankens: die Erfindung des Buchdrucks. Denn während der Rennaissance wurden die Werke der Griechen und Römer wieder entdeckt, übersetzt und standen in Buchform einer größer werdenden Leserschaft zur Verfügung.
Sehr schnell verbreitete sich das Wissen in Großbritannien, Frankreich und (heutigem) Deutschland, dass ihre Vorfahren keine rohen Barbaren waren, sondern auch weise Philosophen, Friedensstifter, Poeten und Heilkundige.

Der italienische Kaufmann und Humanist Cyriacus von Ancona (* um 1391; † um 1455) gilt als einer der Gründungsväter der modernen klassischen Archäologie. In seiner Zeit begannen viele Hobbyarchäologen mit und ohne Themenbezug zu reisen und zu sammeln.
Ab Mitte des 16. Jahrhunderts trat an die Stelle der Sammelleidenschaft die mehr oder weniger akribische Erfassung der Denkmäler. Trotz großer Popularität hatte die Archäologie als Wissenschaft noch keinen Stellenwert, denn es herrschte die Ansicht, dass ausschließlich historische Quellen und die Bibel zur Interpretation der Vergangenheit geeignet seien.
1655 wagte Isaac de la Peyrère, die sogenannten Donnerkeile (Steinzeitartefakte) Menschen zuzuordnen, die vor Adam lebten. Die Inquisition lies ihn seine Theorie widerrufen.

Am Ende des 17. Jahrhunderts fing der Altertumsforscher John Aubrey damit an, Orte wie Stonehenge und Avebury in England zu untersuchen und zu dokumentieren. Damals hielten noch viele Menschen diese Orte für römische Ruinen. Die örtlichen Bauern zerstörten die Orte teilweise. Sie legten Feuer und nutzten die Steine zum Bau von Häusern und Straßen. In Avebury ist diese Entwicklung sehr eindrücklich sichtbar, dennoch ‚überlebten‘ die historischen Bauwerke.
Inspiriert von John Aubrey begann William Stukeley ab 1719 seine Forschungsarbeit an den Orten Stonehenge und Avebury. Er dokumentierte nach damaligen Kriterien sehr fundiert und legte damit einen wesentlichen Grundstein für spätere archäologische Forschungen. Aubrey und Stukeley förderten mit anderen die Bewegung der ‚romantischen Wiedergeburt des Druidentums‘.

Die Romantiker fanden die neoplatonischen und heidnischen Quellen inspirierend. Sie wollten, dass Menschen sich wieder in die Rätselhaftigkeit und Schönheit der Natur verlieben. Die Druiden waren für sie eine ideal scheinende Inspiration. Während der Wiederbelebung in der Romantik wurden druidische Gruppen gegründet.
Da die Hegau-Druiden mit dem OBOD, Order of Bards Ovats and Druids in den vereinigten Königreichen verbunden sind, ist von dort mehr Wissen bekannt. Wir sind jedoch dabei, auch im deutschen Sprachraum und im Hegau Wissen anzusammeln.

William Stukeley bat die Prinzessin von Wales darum, Patronin für seinen neuen Druidenorden zu werden und verlieh ihr den Namen ‚Veleda‘. 1792 fand laut Überlieferung die erste öffentliche Druidenzermeonie auf dem Primrose Hill in London statt. Sie wurde von dem wallisischen Forscher Iolo Morgenwg amgeführt, der über viele Jahre Material über die Druiden gesammelt hatte.
Iolo Morgenwg fügte seinen eigenen Werken das gesammelte Material hinzu und stellte das Ganze als authentische Urweisheit vor.  Seine Täuschung bemerkten Gelehrte erst weit nach seinem Tod. Heute ist es fast unmöglich das authentische Material von seinen literarischen Schöpfungen zu unterscheiden.

Beim OBOD wird davon ausgegangen, dass die Wurzeln des Druidentums gut entwickelte Kulturen mit weisen Philsophen, Mystikern, Mitgliedern einer Ehtik, Mathematik, Ingenieurwesen und Astronomie umfassen. Die Geschichte des Druidentums wird in vier Perioden unterteilt: Vordruidentum, klassisches Druidentum, untergetauchtes Druidentum und wiederentdecktes Druidentum.

Auch am Druidentum interessiert waren die Freimaurer, die sich zunehmend etablierten. In England gab es vier bekannte Logen, die sich 1717 zu einer Großloge zusammenschlossen. Sie interessierten sich für das Druidentum als andere Form der Offenbarung, gründeten Druidengruppen und kreierten Druidenriten. Ihre Mitglieder entstammten der gehobenen Gesellschaftsschicht.
Henry Hurle öffnete einen Druidenorden in der ‚King’s Arms Tavern‘ in London, der viele Ziele mit den Freimaurern gemeinsam hatte. Im Unterschied zu den anderen Orden gehörten seinem Orden auch Menschen der unteren und mittleren sozialen Schicht an. Diese Art des Druidentums verbreitete sich sehr schnell über die vereinigten Königreiche und darüber hinaus. Die Praxis unterschied sich jedoch stark von denen der frühen Druiden, die Sonnenwenden berechneten und Diskussionen führten, wie sie von den Klassikern beschrieben wurden, wie z.B. Philosophie im heiligen Hain lehren.
Wurden früher Offenheit, Diskussion und in weiten Bereichen auch Gleichberechtigung gelebt. So änderte sich in dieser Phase das Druidentum zur reinen Männersache. 1908 konnte diese Bewegung Winston Churchill als vielversprechenden Eingeweihten begrüßen.

Im 19. Jahrhundert und bis ins 20. Jahrhundert spielt der Einfluss der Romantiker eine fundamentale Rolle im Druidentum. Denn die Romantiker interessierten sich insbesondere für die Geschichte, Sprache und Kultur des ‚Volkes‘. Dadurch lösten sie großes allgemeines Interesse an Volksgeschichten, alten Sitten, Volkstänzen und Volksmusik in der Gesellschaft aus.

Von den Romantikern inspiriert reisten Gelehrte aus ganz Europa über das Land, sammelten Erzählungen, Lieder, Sitten und Tänze.

Neben den Texten der Klassik und den ‚keltischen‘ Literatursammlungen, boten diese Kollektionen eine Quelle für die Wiedergeburt des Druidentums. Es entstand eine neue Bewegung, die vom Interesse an der keltischen Kultur geprägt war. Die Wiedergeburt der keltischen Kultur trug zur Neugründung des Eisteddfodau in Wales, Cornwall und Brittanien bei. Sie wurden eingeführt von Druiden, die Preise für Dichtung und Musik in keltischen Sprachen verliehen. Auch die keltische Kunst erlebte eine Wiederauferstehung. Der Respekt für die keltische Sprache und die alten ketlischen Mysterien wuchs.

Weil viele Menschen in der modernen Zeit von natürlichen Zusammenhängen entfremdet sind, rufen die aus dem Druidentum bzw. der keltischen Kultur abgeleiteten Ideen, Bilder und Gefühle ein kraftvolles und archetypisches Bewusstsein für die Nähe zur Natur und ihrem tiefergehenden Verständnis für eine Liebe zum Leben hervor.
Bei den Hegau-Druiden leben wir dieses Bewusstsein, in dem wir die Jahreskreisfeste gemeinsam feiern. Alle anderen Rituale wie Übergangsrituale, Taufen, keltische Trauungen und sonstige werden in Absprache mit den Anfragenden und nach gemeinsamer Meditation entwickelt. Wir weißen ausdrücklich darauf hin, dass es dabei um naturspirituelle Wahrnehmungen geht. Wir sind eine Gruppe Menschen, die ohne und in unterschiedlichen Religion beheimatet sind. Das Druidentum entspricht in unserer Gruppe einer Weltanschauung, in der die Natur und die Beobachtung von natürlichen Abläufen eine wichtige Rolle einnimmt.

Wochenblatt Interview Druidin Karin Pietzek mit Dekan Zimmermann

Kontrovers – katholische Kirche oder Druidentum

Ist das wirklich in allem sehr kontrovers? Bilden Sie sich selbst eine Meinung.
Das Wochenblatt Singen, genauer Herausgeber Anatol Hennig, lud zum Gespräch ein: Druidin Karin Pietzek und Dekan Matthias Zimmermann -> kath_kirche_vs_druidentum

Das komplette Gespräch ist hörbar, leider mit Störgeräuschen, über diesen YouTube-Link: https://www.youtube.com/watch?v=AFDzvQZZF7A

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